Treppen

„Es ist trotzdem nicht nett, egal, ob sie eine Hufflepuff, Gryffindor oder Ravenclaw ist. Egal was du denkst, das sind auch nur Menschen.“ versuchte sie ihrem Bruder eines Besseren zu belehren. Sie wusste, dass bei Tristan schon alles an gutem Glauben verloren war, doch sie wollte ihren Bruder nicht aufgeben. Sie wollte nicht auf ihn böse sein müssen, nur weil sie seine Meinung niemals teilen würde. Niemals, wenn sie bedachte, was sie in der Familie überhaupt hatte. Eigentlich hatte sie nichts. Und wenn Tristan genauso werden würde, wo er jetzt schon so dachte, dann wollte sie sich lieber nicht ausmalen, ob es seiner Tochter später genauso gehen würde, wie es ihr selbst erging.
„Ja, das ist ein Hausaufgabenabschreibe-Verbot und ich denke, dass würde dir so manches Mal ganz gut tun. Ich kann dir ohnehin nicht immer den Hintern aus der Scheiße ziehen, wenn es um schulische Angelegenheiten geht“ zwinkerte sie ihm zu. Von anderen Angelegenheiten ganz zu schweigen, sie wollte lieber nicht wissen, was da noch auf sie zukommen würde.
„Tristan? Wie oft warst du in der Bibliothek? Außer, wenn du mich gesucht hast, und mich wirklich nur dort finden konntest?“ Sie zog die Augenbrauen hoch und sah ihren Bruder abschätzend an. „Mehr wie zweimal doch sicherlich nicht oder? Und wofür brauchst du bitte Lesestoff. Um dir die Frage zu beantworten, wie man seine Schwester am besten in den Wahnsinn treibt?“

Tristan zuckte wieder mit den Schultern. „Ja ja ich weiß.“ Meinte er nur und Rollte dann mit den Augen.
Während sie ihn weiterhin belehrte, setzte er sich auf eine der Stufen. Wer wusste schon wie lange das nun wieder dauern würde. Tristan wusste genau dass sie es immer und immer wieder versuchen würde ihn irgendwie umzustimmen, was seine Meinung, gegenüber Muggel und Halbmuggel anging.
Er schaute treuherzig zu ihr hinauf.
„Heißt das ich muss nun tatsächlich die Hausaufgabe, noch zusätzlich zu den anderen, selbst machen. Das ist ja gemein!“
Er wusste das Cassandra ihm schon oft genug geholfen hat und er war ihr dafür auch dankbar, zwar auf seiner Art und weise doch das wusste Cassandra sicherlich.
Als sie seinen Namen aussprach sah Tristan sie Fragend an.
„Cassandra?“ Die frage über die Bibliothek musste ja kommen, das war ja schon fast vorprogrammiert.
„Nun…“ er begann an seiner Hand ab zuzählen, wie oft er in der Bibliothek unterwegs war.
„Hmm sicherlich schon so…fünf oder sechsmal. Und Hey auch ich lese ab und an ein Buch“ Sagte Tristan Stolz und grinste Cassandra an, auch wenn es nur ein Buch über irgendwelche Zauber waren die nur zum Zeitvertreib gut waren.
„Ach gibt es da ein Buch dafür?“ fragte er nun neugierig, und grinste sie schelmisch an.
„Na dann denk ich sollten wir los gehen, das find ich ja jetzt richtig Interessant.“
Tristan stand auf und sah sie nun ungeduldig an, jetzt würde sie ihn vorerst nicht los werden.

Na super. Jetzt hatte sie auch noch ihren Bruder zu beschäftigen. Cassandra konnte sich bei weitem etwas Besseres vorstellen, zumal sie wusste, dass es auch für Tristan vermutlich viel spannender war, sofern er sich mit seinen Freunden amüsierte. Aber er musste ja wieder Beschützer spielen und ihr auf die Nerven gehen. Wenn sie es so sehr gewollte hätte, wäre sie sicherlich von selbst zu ihm gekommen, aber Tristan übernahm diese Aufgabe ja so wunderbar, dass sie bald wohl gar nicht mehr rufen brauchte, wenn er damit so weiter machte. Immerhin war Cassandra kein kleines Kind mehr. Sie war volljährig. Sie seufzte kurz und sah ihren Bruder nun von oben herab an. Wie schön es doch war, dass er sich setzte und sie somit als größer erschien, als sie tatsächlich war. „Ich denke, es tut dir auch mal ganz gut, in Geschichte aufzupassen. Das Fach ist so interessant, da muss man nicht immer nur schlafen“ grinste sie ihren Bruder an. Das wäre das erste Fach, in dem sie ihm verbieten würde abzuschreiben.
Cassandra musste lachen, als sie sah, dass Tristan tatsächlich an seiner Hand abzuzählen begann, wie oft er in der Bibliothek war. „Na logisch, wer die meiste Zeit abschreibt, braucht auch die Besuche in der Bibliothek nicht. Aber das ist ja jetzt vorbei, nicht wahr?“ versuchte sie ihm mit einem süffisanten Grinsen nochmals daran zu erinnern. Wenn sie ihm das versprach, dann würde sie das schon halten. Fragte sich nur wie lange Tristan das aushalten würde, ohne seine Schwester für die nächsten Hausaufgaben anzuflehen. Doch, sie musste zugeben, diese Vorstellung gefiel ihr durchaus sehr gut. „Ich glaube nicht, dass du so ein Buch findest. Aber du kannst ja mal in der Verbotenen Abteilung gucken und zur Not hast du auch Feder, Pergament und Tinte, sowie eine gesunde Hand, mit der du dieses Buch verfassen könntest. Ich würde es mir sogar durchlesen und deine Fehler korrigieren“ zwinkerte sie ihm zu. Einen Moment stutzte sie. „Warte mal. Du drängst mich, dass wir endlich in die Bibliothek kommen? In welchem Film hast du mich nun entführt?“ fragte sie, ging die Stufen weiter hinauf und lief geradewegs in Richtung der Bibliothek.

tbc: Bibliothek

Wie vergnügt Cassandra gerade aussah, dass faszinierte selbst Tristan ein wenig. „Geschichte…nun ich kenne die Geschichte unserer Familie sollte das nicht reichen?“ er seufzte und sah zu seiner Schwester auf die ihn immer noch schelmisch angrinste. Wäre Tristan nicht so bequem dann würde er die Hausaufgaben locker schaffen, doch Themen die ihn nicht interessierten die ignorierte er.
„Du tust ja gerade so als hätte ich nur von dir abgeschrieben…ich kenne genug Leute die mir ihre Hausaufgaben, zum abschreiben, leihen. Sagte er angeberisch, dennoch ehrlich, er würde schon noch irgendwo wenn finden der ihm half ansonsten musste er doch ein wenig Zeit investieren.
Tristan stand nun wieder auf und sah auf seine Schwester hinunter.
„Du bringst mich nur auf dumme Gedanken, außerdem bin ich dann doch nicht so blöd, wenn du es Korrgierst dann weißt du ja was noch alles auf dich zu kommt.“ Ein Freches und fast schon böses Grinsen stahl sich auf seine Lippen, als er ein paar schritte, die Treppe hinauf ging. “Kommst du nun?“
Das erstaunen in ihrem Gesicht gefiel ihm sie sah so normal und nicht traurig aus und er musste kurz liebevoll lächeln, bevor er ihr hinterher ging. Er machte sich mehr gedanken um Cassandra als diese wahr haben wollte. Es war nicht der Bruderliche beschützerinstinkt eher das Zwillingsgene das ihm einfach keine ruhe lies solange sie sich zuviele gedanken machte. Er vergass seine Gedanken und überlegte einen passenden Filmtitel.
„Nun wie wäre es mit dem Streifen ‚Ein Bruder kommt selten allein’ oder ‚Am Tag als mein Bruder mit in die Bibliothek kam’.
Sagte er überlegend und folgte ihr.


tbc Bibliothek

pp: Gemeinschaftsraum Ravenclaw


Lawrence, in Gedanken immer noch bei seinem kleinen Bruder und dessen Problem, war auf die Treppen getreten, um sich auf die Suche nach Professor Black zu begeben. Seine beste Chance, den Lehrer zu finden, war wahrscheinlich das Lehrerzimmer, weswegen er sich auf dem Weg dorthin befand. Er seufzte leise. Der junge Ravenclaw ging nicht wirklich davon aus, dass Professor Black seinem kleinen Bruder den Aufsatz ersparen konnte, aber ein Versuch war es immerhin wert. Vielleicht konnte er ja wenigstens versprechen, Gabriel nicht vor der Klasse einem Irrwicht gegenüber zu stellen – Lawrence glaubte nicht, dass das eine gute Idee war… Vielleicht sollte er anbieten, selbst mit Gabriel zu üben, falls Professor Black ihnen einen Irrwicht zur Verfügung stellte. So würde sich Gabriel wenigstens nicht vor seiner ganzen Klasse bloßgestellt fühlen…

In seinen Gedanken war er ganz bei dem Problem seines kleinen Bruders, und obwohl er seine Diagnose nie ganz ausblenden konnte, so war er doch zu sehr mit Gabriel beschäftigt, als dass es ihn erneut in Depressionen gestürzt hätte.

pp: Eingangshalle

Mit dem Gesichtausdruck eines stolzen Schlossbesitzers, der nun endlich nach einer viel zu langen Abwesenheit nach Hause kommt, stolzierte Ian durch die Korridore von Hogwarts, immer mehr Treppen hinauf, um seinen Schlafsaal zu erreichen. Wäre doch zu dumm, wenn während seiner Abwesenheit jemand anderes sein Bett belagert hätte, wer auch immer das sein mochte. Eigentlich hatte ja jeder Siebtklässler aus Ravenclaw seinen eigenen Platz, aber man wusste ja nie. Aber auch davon abgesehen konnte er es kaum erwarten, endlich wieder den Gemeinschaftsraum zu betreten, auch, weil er hoffte, Lawrence dort zu treffen. Wie sein bester Freund wohl reagieren würde, wenn er so plötzlich, ohne jede Vorwarnung, vor ihm erschien?

Allerdings sollte es wohl früher zu diesem Treffen kommen, als Ian gedacht hatte, denn gerade, als er eine weitere Treppe, die ihn in den vierten Stock führen sollte, betrat, konnte er besagten Freund vor sich erkennen. Schnell stellte er seinen Koffer ab und schob ihn hinter eine Säule, bevor er sich selbst dahinter versteckte, so dass er nicht mehr zu sehen war, und baute sich auf der ersten Stufe auf. "Wohin des Wegs, Lawrence Plant?" erkundigte er sich in einer möglichst tiefen und bedrohlich klingenden Stimme. Law wirkte so gedankenverloren, es bestand durchaus die Möglichkeit, dass er ihn noch nicht gesehen hatte. Und es konnte lustig werden, ihn ein wenig zu erschrecken.

Lawrence war in der Tat tief in Gedanken versunken gewesen, als er die Treppen hinuntergestiegen war, so dass er die Bewegungen an deren Fuße im dritten Stock auch nicht bemerkt hatte. So kam die Stimme, die ihn ansprach auch völlig überraschend, und Lawrence tat einen halben Satz in die Luft, bevor er überhaupt darüber nachdenken konnte, was es mit der Stimme wohl auf sich hatte. Sie klang tief und sollte anscheinend bedrohlich wirken, doch es war keine vollkommen überzeugende Imitation. Im Gegenteil, die Stimme kam ihm, obwohl sich jemand eindeutig Mühe gab, sich zu verstellen, sehr bekannt vor. Stirnrunzelnd und langsam ging Lawrence weiter nach unten, bis es ihm gelang hinter eine Säule zu spähen. Und er konnte seinen Augen wohl wirklich nicht mehr trauen.

Neben einem gigantischen Koffer stand Ian, ganz so, als hätte er Hogwarts nie verlassen. Mit offenem Mund starrte Lawrence seinen besten Freund an. Hin und wieder öffnete er den Mund, schloß ihn dann jedoch gleich wieder, da ihm schlicht und einfach die Worte fehlten. Er musste aussehen wie ein Fisch.

„Ian…!“ krächzte er schließlich.

Ian unterdrückte ein Kichern, als er Lawrence bei seinem kleinen Luftsprung beobachten konnte. Wirklich eine amüsante Reaktion, auf genau so etwas hatte er gehofft, als er beschlossen hatte, seinen besten Freund ein wenig zu erschrecken. Ihm war selbst klar, dass seine bedrohliche Stimme vermutlich nicht sehr überzeugend klang, aber er war ja auch Musiker, kein Schauspieler, er musste sich nicht so gut verstellen können. Und seinen Zweck hatte seine Verstellung schließlich schon erfüllt.

Geduldig wartete er nun darauf, dass Law die Treppe ganz hinunter kam und ihn hinter seiner Säule entdeckte, wo er grinsend auf ihn wartete. Die Überraschung war ihm ganz offensichtlich gelungen, denn sein bester Freund starrte ihn an als wäre er ein Marsmännchen. Oder ein Time Lord. Wobei, den würde er wahrscheinlich nicht ganz so dumm anstarren, der sah ja aus wie ein Mensch. "Richtig, Ian ist mein Name. Und du bist Lawrence", erwiderte er immer noch mit einem breiten Grinsen im Gesicht und wartete darauf, dass Law die Fassung wiederfand. "Gut erkannt." Es war doch schön, den anderen Ravenclaw wiederzusehen.

Lawrence traute seinen Augen auch dann noch nicht, als Ian sogar mit ihm sprach. Wer wusste denn, ob nicht auch Sinnestäuschungen sprechen konnten? Sie mussten ja nicht immer nur einen Sinn täuschen, vielleicht täuschten sie manchmal auch zwei auf einmal, wer wusste das schon? Dennoch trat er näher an Ian heran, als ob er sich selbst überzeugen wollte.

Sprechen tat die Halluzination jedenfalls haargenau wie Ian. Also war er es vielleicht wirklich? Immerhin neigte Lawrence nicht zum halluzinieren…

„Du bist es wirklich, oder…?“ fragte er mit brüchiger Stimme. Er hatte eigentlich nicht damit gerechnet, seinen besten Freund so schnell wieder zu sehen, immerhin lag Deutschland, auch mit Besenflug und Apparieren, nicht gerade um die Ecke.

Er starrte ihn noch einige Sekunden lang an, ungläubig den Kopf schüttelnd, dann umarmte er ihn kurzerhand.

Ian nickte. Er hatte ja damit gerechnet, Lawrence mit seinem plötzlichen Auftauchen überraschen zu können, aber dass dieser aussah, als ob er gerade an seinem Verstand zweifeln würde oder aber an seiner, Ians, Anwesenheit, ging dann doch schon etwas zu weit. "Hey hey, bekomm keinen Herzanfall, ja? Ich bin es wirklich." Grinsend ging er noch ein paar Schritte auf seinen besten Freund zu.

"Willst du auch noch meinen Personalausweis sehen oder glaubst du es mir auch so?" Aber ganz offensichtlich hatte Lawrence beschlossen, nun auszuprobieren ob man ihn denn auch berühren konnte und nicht nur mit ihm sprechen und ihn ansehen, denn er fiel ihm um den Hals.

"Uff! Vorsicht!" rief er aus, drückte seinen Freund dann aber doch an sich. "Ich bin wirklich wieder da, Law, ich schwöre es dir!"

„...ich… bemühe mich…“ erwiderte Lawrence gepresst, als Ian ihn bat, doch bitte keinen Herzanfall zu bekommen. Ganz sicher, ob es ihm gelingen würde, war er allerdings nicht. Er verharrte einige Minuten in der Umarmung seines besten Freundes, bis er sich wieder von ihm löste und ihn immer noch fassungslos anstarrte.

„…ich… ich glaubs dir auch ohne Personalausweis…“ nuschelte er. Er wirkte verlegen, weil er so überaus emotional reagiert hatte und seine Augen tatsächlich immer noch leicht feucht glänzen, doch er hatte sich einfach nicht beherrschen können…

„Aber…warum…? Du…Mackenzie… Deutschland…?!“ stammelte er in einer für ihn ganz untypischen, inkoherenten Art.

Ian betrachtete seinen besten Freund mit zur Seite geneigtem Kopf. Mittlerweile hatte Lawrence zwar beschlossen, ihn wenigstens nicht mehr in einer Umarmung zu zerquetschen - etwas übertrieben ausgedrückt - aber fassungslos sah er immer noch aus. Aber wer konnte es ihm schon verdenken? Seinen letzten Brief hatte Ian ihm noch aus Deutschland geschrieben, mit keiner Silbe hatte er erwähnt, dass sie sich schon sehr bald wiedersehen würden, da er nach Hogwarts zurückkehren würden. Ian hatte ihn ja überraschen wollen, vielleicht auch ein wenig erschrecken, aber doch gewiss nicht dafür sorgen wollen, dass er Lawrence mit einem Herzanfall in den Krankenflügel oder sogar ins St Mungo würde bringen müssen. Er wollte doch nicht seinem besten Freund schaden.

"Immerhin etwas. Dass du dich bemühst, meine ich. Aber hüte dich und kipp jetzt wirklich noch um! Ich wollte meinen ersten Tag hier nicht an deinem Bett bei Miss Pomfrey verbringen!" meinte er mit einem gutmütigen, aber schon fast ein wenig besorgten Grinsen, bevor ihm einfiel, dass er Lawrence in der Tat noch eine Erklärung schuldete, warum er auf einmal hier auftauchte.

"Und ja, Deutschland..." begann er langsam und durchsuchte seine Hosentasche nach einem Taschentuch, das er Lawrence reichen konnte. Täuschte er sich oder schimmerten dessen Augen wirklich ein wenig feucht? "Ganz offensichtlich bin ich nicht mehr dort. Weißt du, Deutschland hat einen sehr großen Nachteil: Es gibt dort keine Highlands. Ich bin nun einmal Schotte, und so weit weg von meiner Heimat habe ich es dann doch nicht ausgehalten. Südengland hat mir schon gereicht." Nun ja, so in etwa zumindest. "Und abgesehen davon war es wirklich gemein von mir, dich jetzt allein zu lassen..." fügte er noch etwas leiser hinzu. Er hatte wirklich ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er Lawrence nach dieser schrecklichen Diagnose nicht richtig hatte beistehen können. Wie gut, dass sich nun doch noch eine Möglichkeit ergeben hatte.

„Nein, nein… ich werde nicht umkippen… Ich kann mir auch Amüsanteres vorstellen, als meinen Tag in einem Bett im Krankenflügel zu verbringen…“ erwiderte er leise. In der Tat war er nicht unbedingt gerne im Krankenflügel, besonders nicht in letzter Zeit, auch wenn er wusste, dass er bald dorthin gehen musste – er musste Miss Pomfrey einfach bitten, die Untersuchung zu wiederholen, damit sich herausstellen konnte, dass sie beim ersten Mal falsch gelegen hatte…

Lawrence betrachtete Ian, der plötzlich anfing, in seiner Hosentasche herumzukramen. Ob er etwas suchte?

Er zog eine Augenbraue hoch ob Ians Erklärung. „Deutschland hat keine Highlands? Das wird ja wohl nicht der einzige Grund gewesen sein…“

Er sah zu Boden, als Ian dann noch einen weiteren Grund anbrachte. Ja. Er hatte auch zuerst gedacht, wie ungerecht es doch war, dass Ian gerade jetzt nach Deutschland ziehen wollte, aber letzten Endes hatte er sich bewusst gemacht, dass es unfair von ihm gewesen wäre, Ian da behalten zu wollen. Wo er doch seiner kleinen Schwester beistehen musste…

Für einen Moment grinste Ian triumphierend, als er tatsächlich noch ein sauberes, wenn auch arg zerknittertes Taschentuch fand und dieses seinem Freund reichen konnte, wurde doch sehr schnell wieder ernst. "Ne, so lustig ist der Krankenflügel wirklich nicht. Die Pomfrey mag zwar für eine Schulheilerin noch ganz nett sein, aber das ist noch lange kein Grund, sich länger als nötig bei ihr aufzuhalten..." Er betrachtete Lawrence auf eine so eindringliche Art und Weise, als ob er versuchen würde, dessen Gedanken zu lesen. Aus einem Brief wusste er, dass sein bester Freund die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte, dass die Diagnose doch falsch gewesen war, und deshalb noch einmal zu Miss Pomfrey gehen wollte. Danach hatte er jedoch nichts mehr gehört. Die Hoffnung starb wohl wirklich zuletzt.

"Sag mal, Law..." begann er vorsichtig. "Warst du eigentlich noch einmal bei Miss Pomfrey...?" Er hoffte irgendwie, dass er sich noch nicht wieder hatte untersuchen lassen, denn anderenfalls hätte er ihm mit Sicherheit von dem Ergebnis erzählt. Zumindest, wenn es die Untersuchung zu seiner Zufriedenheit ausgefallen war. Dass er nichts mehr darüber gesagt hatte, konnte nur heißen, dass er nun mit absoluter Sicherheit wusste, dass er erblinden würde, oder dass er noch nicht wieder im Krankenflügel gewesen war.

Lawrence errötete, als Ian ein Taschentuch aus der Hosentasche zerrte und es ihm reichte. Hatte Ian ihm etwa angesehen, dass er den Tränen nah war…? Es war ihm peinlich, schließlich war er schon 17 und bereits ein junger Mann, da sollte er doch nun wirklich nicht so nah am Wasser gebaut sein… Dennoch nahm er das zerknitterte Tuch an und wischte sich damit rasch über die Augen.

„Danke…“ murmelte er und sah verlegen zu Boden. Nach einer kurzen Weile hob er den Blick jedoch wieder, um Ians Frage beantworten zu können, doch in Ians Augen sah er nicht.

„Nein… ich war noch nicht bei Miss Pomfrey…“ sagte er leise. Er hatte es noch nicht gewagt, zu ihr zu gehen, zu groß war die Angst, dass sich ihre Diagnose bestätigen würde, auch wenn er sich immer noch weigerte, es zu glauben.

"Schon gut", erwiderte Ian nur mit sanfter Stimme, als Lawrence sich für das Taschentuch bedankte. Es rührte ihn ungemein, dass seinem Freund die Tränen gekommen waren, nur, weil er wieder zurück nach Hogwarts gekommen war. Irgendwie hatte er dadurch den Eindruck, dass... ja, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte, als er - und Mackenzie, um genau zu sein - beschlossen hatten, wieder nach Schottland zu gehen. Hier gehörten sie hin, sie beide. "Ich freue mich doch auch, dich wieder zu sehen." Und wie! Auch wenn das Gespräch nun zweifellos eine ernstere Richtung nahm. Aber das war auch okay, es war verständlich, wenn Lawrence nicht immer vor Freude strahlen konnte in der jetzigen Situation.

"Hm... wann willst du denn zu ihr...?" erkundigte er sich vorsichtig und biss sich ein wenig nervös auf die Lippen. Er hoffte so sehr, dass Miss Pomfrey sich geirrt hatte damals, aber was wenn nicht? Wenn Law wirklich erblinden würde? Würde er sich danach noch schlimmer fühlen als jetzt, weil er dann wirklich Gewissheit hatte? Und warum hatte er sie eigentlich noch nicht? Soweit er es mitbekommen hatte, war die Heilerin sich relativ sicher gewesen. Aber gut, die Hoffnung starb schließlich zuletzt, den Spruch kannte wohl jeder. "Aber was willst du tun, wenn es stimmt...?"

Lawrence schniefte noch einmal, dann schnäuzte er sich in das Taschentuch, das Ian ihm gegeben hatte. „Danke…“ murmelte er erneut. Er lächelte, als Ian meinte, er würde sich auch freuen, ihn wiederzusehen.
„Tut mir Leid, ich benehme mich kindisch…“ meinte er noch leise, dann steckte er das Taschentuch weg.

Er räusperte sich und sah verlegen zur Seite, als sein bester Freund ihn fragte, wann er zu Miss Pomfrey wolle.

„Weiß noch nicht…“ meinte er nur. Ians zweite Frage wollte er lieber nicht beantworten – sie war ja auch ganz irreal, schließlich konnte, durfte die Diagnose nicht stimmen.

„Wann bist du eigentlich angekommen? Du hast bestimmt Hunger, oder? Komm, lass uns zum Abendessen gehen…“

Ob er Ian damit ablenken konnte? Er hoffte es…

Tbc: Große Halle (+Ian)