Dorfrand

[Einstiegspost]

Josie lief, nein, sie hüpfte, die Straße nach Hogsmeade herunter. Ihre Mutter hatte sie in Begleitung eines älteren Schülers auf den Weg geschickt. Dieser sollte sie nur bis zur Grenze des Schulgeländes bringen, da er sonst gegen die Schulregeln verstoßen hätte.
Als sie ihren Vater sah, wurde die Sechsjährige noch schneller. Direkt vor ihm stolperte sie über ihre eigenen Füße und landete direkt in seinen Armen. Sie lachte fröhlich.
„Hallo Daddy.“, begrüßte sie ihn und umarmte ihn noch einmal richtig. Ihre Augen strahlten, wie jedes Mal, wenn sie ihren Vater wieder sah.
„Ich soll dich von Mommy grüßen. Sie sagt, du sollst mich nicht zu sehr verwöhnen.“, sagte Josie. „Aber du hörst doch nicht auch sie, oder?“, fragte sie dann und all ihre Befürchtungen spiegelten sich in ihrem kleinen Gesicht wieder.

Liams Augen weiteten sich vor Schreck, als seine kleine Prinzessin stolperte und konnte sie zum Glück gerade eben noch auffangen. "Spätzchen, pass doch auf. Ich will doch nicht, dass du dir wehtust", meinte er mit großen, bittenden Augen und drückte sie fest an sich, aber natürlich nicht so fest, dass er ihr damit hätte wehtun können. Dem Schüler, der seine Tochter gebracht hatte, dankte er nur aus der Entfernung mit einem Winken und einem Lächeln, dann widmete er sich ganz seiner Josephine.

Als sie ihm ausrichtete, was Juliana erbeten hatte, zwinkerte er ihr zu und grinste etwas frech. "Hab ich je darauf gehört, mein Engel? Aber du kannst Mama ausrichten, dass ich sie auch gerne mal wieder verwöhnen würde, auch wenn man sie nicht mit Süßigkeiten begeistern kann, so wie dich." Er streichelte ihr mit dem Rücken seines Zeigefingers über die kleine, weiche Wange und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. "Gut, was möchtest du zuerst tun? Hast du schon gefrühstückt, oder willst du in die Drei Besen, um etwas zu futtern? Oder willst du gleich in den Honigtopf und Naschen? Oder.." Er holte Smitty, die Rennmaus aus der Tasche, die müde blinzelte, dann aber begrüßend versuchte, an Josie zu schnüffeln. "... spielen?"

Josie freute sich über die liebevolle Begrüßung ihres Vaters, doch noch viel begeisterter war sie von seiner Beteuerung, nicht auf seine Frau zu hören.
Als er ihr auch gleich zum Beweis seine Maus hinstreckte und sie fragte was sie zu erst machen wolle, quiekte das Mädchen beinahe wie eine Maus vor Freude.
Sie nahm Smitty entgegen und streichelte ihn mehr oder weniger liebevoll mit ihren kleinen, ungeschickten Händen.
Dann sah sie wieder ihren Vater an und fragte: „Kann ich auch alles auf einmal machen?“
Die Rennmaus nutzte Josies Unaufmerksamkeit und entwischte aus ihrem Griff, jedoch nur um den Arm des Mädchens hinaufzuflitzen und es sich auf ihrer Schulter bequem zu machen. Dort gefiel es ihr viel besser.
Die Sechsjährige erschrak heftig, als die Maus ihr entwischte. Wenn sie weg war, wäre Daddy sicher böse auf sie.
Doch mit Erleichterung stellte sie fest, dass sich das Tierchen nur einen Platz mit mehr Aussicht gesucht hatte.

Liam konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als Josie vor Freude quiekte. Sie war wirklich zu süß - und sie konnte froh sein, dass die kleine Smitty recht schrecksicher war und nicht vor Angst davonhuschte. Aber gut, als eine Aurorenmaus musste sie wohl auch Nerven wie Eisenseile haben, oder? Sie war ja immer dabei, wenn der junge Mann unterwegs war.
"Na, das geht aber nicht, meine Süße. Denn der Honigtopf liegt da vorne", er zeigte mit dem Finger darauf, sorgsam darauf bedacht, nicht auf Menschen zu zeigen. Er wusste nicht genau wie Juliana das mit 'nackten Fingern', die auf angezogene Menschen zeigten, hatte, aber er wollte ihre Erziehung nicht untergraben. Dann zeigte seine Hand wo anders hin: "Und die Drei Besen dort. Also beides auf einmal geht nicht. Und wollen wir ins Tiergeschäft, nachher? Ich meine, Mama und ich sind uns einig, dass du noch etwas jung für ein eigenes Tier bist, aber sie hat sicher nichts dagegen, wenn wir uns die Tiere dort anschauen und sie streicheln."

Den Schrecken seiner Tochter bekam Liam nicht so wirklich mit, was aber wohl daran lag, dass er seine Maus kannte - vermutlich besser als seine Tochter und diese Tatsache machte ihn traurig. "Keine Sorge, Smitty läuft nicht weg, sie ist eine liebe Maus. Außerdem hat sie Angst, eine Katze zu treffen."

Josie griff nach der Hand ihres Vaters, nachdem er ihr die Orte gezeigt hatte, wo sie hingehen konnten. Sie drückte sie und wollte wissen: „Und was ist, wenn wir uns Süßigkeiten aus dem Topf mit in die Besen nehmen oder anders rum?“ Die Frage wahr überraschend scharfsinnig für ein Mädchen ihres Alters, doch das war bei Josie normal, sie wuchs nur mit älteren auf und hatte lernen müssen, diese auch zu verstehen.

Als Liam vorschlug, dass sie auch noch die Tiere besuchen konnten, drückte die Kleine erneut seine Hand. „Auja.“, rief sie, wobei sie darauf achtete, sich nicht zu sehr zu bewegen, damit Smitty nicht von ihrer Schulter fiel, doch der saß seelenruhig da und erwiderte ihren prüfenden Blick. Josie lachte und streichelte ihm mit der freien Hand über das kleine Köpfchen.

"Na klar können wir das machen", meinte der Auror, etwas überrascht, dass Josie auf so eine Idee kam. "Du bist wirklich ein cleverer Spatz." Und sie weiß, was sie will, dass muss man ihr wirklich lassen. Die Kleine wird es so vielleicht etwas leichter im Leben haben. Das zeugt von Ehrgeiz, denke ich, und der kann ja nicht schaden - sofern sie sich nicht zu sehr ans Gewinnen gewöhnt, aber ich denke, Juliana ist eine sehr gute Mutter, die unsere Tochter nicht verzieht. Da bin eher ich der Störfaktor, aber ich sehe sie ja so selten, dass ich kein großes Übel anrichten kann, oder?

Dass sie sich freute, Tiere anschauen zu dürfen, war irgendwie klar, er kannte sie dafür gerade eben noch gut genug, um zu wissen, dass sie das toll finden würde. "Aber das machen wir erst zum Schluss, ja? Dann hast du was, wovon du deiner Mum erzählen kannst und wir haben genug Zeit, unsere Süßigkeiten aufzuessen, damit sie nichts davon erfährt", meinte er sanft und drückte sie noch einmal an sich. Er hatte so viel verpasst. Ob sie schon die erste Magie genutzt hatte? Er selbst hatte erst mit 8 angefangen, zu zaubern, aber das hatte genügt. Er konnte seine Kräfte noch weniger kontrollieren als andere, weshalb alles drunter und drüber ging. Aber Josie war dann ja im Schloss, da würde das nicht allzu schlimm werden.

Josephine grinste zu ihrem Vater hoch. „Hast du Angst vor Mommy?“, fragte sie ihn.
"Zuerst gehen wir in die Drei Besen!", bestimmte sie. "Dann können wir gleich danach gaaanz viele Süßigkeiten essen."
Das kleine Mädchen war begeistert von der Vorstellung, so viele Naschereien zu essen wie sie konnte, doch dann fiel ihr etwas ein.
"Mag Smitty eigentlich andere Tiere? Wenn nicht müssen wir nicht Tiere gucken." Sie sah ihren Vater mit einem aufopferungsvollen Blick an.
"Ich will nicht, dass er neidisch wird."
Der kleine Sonnenschein nahm seinen Vater wieder an die Hand und zog ihn mehr oder weniger ungeduldig hinter sich her zu den Drei Besen.

"Nein, Angst nicht, aber es ist immer klüger, zu machen, was Mommy will. Dann ist sie nicht sauer, nicht enttäuscht, und ist viel besser gelaunt", grinste Liam seine Tochter verschwörerisch an. Aber in Wirklichkeit hatte er schon Angst vor Juliana, wobei das nicht etwa an ihrer Art lag. Nein, würde er ihre Art nicht mögen, wie hätte er sich dann in sie verlieben sollen? Er hatte eher Angst, dass sie ihn für einen unfähigen Vater hielt und er seine Tochter deshalb noch seltener sehen durfte.

Oh, wie süß, sie machte sich Sorgen um Smittys Gemütszustand. "Smitty ist eine sie, Schatz. Und vor Katzen und Eulen hat sie Angst, aber Smitty wird eh bald wieder schlafen wollen. Die Kleine hat einen Zwei-Stunden-Rhythmus. Sie schläft zwei Stunden, dann ist sie zwei Stunden wach, dann schläft sie wieder zwei Stunden. Also wird sie schon nicht eifersüchtig."

Lachend stolperte Liam ein wenig unbeholfen hinter seiner Tochter her, in Richtung der Drei Besen. Es dauerte aber zum Glück nicht lange, bis er sich ihrem Tempo und der Schrittlänge angepasst hatte und normal neben ihr ging. Er hätte sie auch getragen, hätte sie es gewollt, aber so voller Energie, wie sie gerade war, war es sicher besser, sie austoben zu lassen. Und er wollte ihr gleich noch Essen kaufen? Dann würde sie vielleicht durch die Wand gehen.

tbc: Drei Besen.